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Prostitutionsverbot | Schweiz
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Das ist das Leidwesen der Demokratie, dass sich immer wieder eine Minderheit der Mehrheit beugen muss, das ist wahr.
Ein klassisches Beispiel haben wir ja am nächsten Wochenende mit der Raucher-Initiative. Was mir da vorallem ins Auge sticht, ist das Verbot der bedienten Fumoirs. Nachdem immer wieder an die Eigenverantwortung appelliert wird, kommt nun ein derart rigides Verbot an die Urne. Eine differenzierte Vorlage hätte dem Personal das Recht eingeräumt, zu entscheiden, ob sie im Fumoir bedienen wollen, oder nicht. Ganz abstrus wird das Ganze ja dann, wenn das Servierpersonal selber raucht. Das würde dann konkret bedeuten, dass das Personal als Raucher vor den Folgen des Passiv-Rauchens geschützt wird.
Aber nun zurück zum Thema:
Ich bin auch der Meinung, dass Verbote von unliebsamen "Gewohnheiten" eher zur Kriminalisierung beiträgt. Damit drückt man sie in eine Schattenzone, in welcher keine wirkliche Kontrolle mehr möglich ist.
Zum Thema der Mehrheit hier noch zwei diesbezügliche Gedankenanstösse
Die Majorität der Dummen ist unüberwindbar und für alle Zeiten gesichert. Der Schrecken ihrer Tyrannei ist indessen gemildert durch Mangel an Konsequenz.
Albert Einstein
Der Gescheitere gibt nach! Eine traurige Wahrheit; sie begründet die Weltherrschaft der Dummen.
Marie von Ebner-Eschenbach
Das im Tagi Magazin Beitrag aufgeworfene Problem sollte hier weder auf der politischen Ebene diskutiert noch irgendeiner politischen Ecke angehängt werden, obwohl dann in letzter Instanz die Politik darüber befindet, ob oder wie das Problem der Prostitution angegangen wird.
Dass die Prostitution hässliche Kehrseiten hat und zum Teil auch echte Tragödien mit sich bringt , diese Erkenntnis – so meine ich – entspringt nicht erst der Politik und ist einem jeden bekannt, der die Szene beobachtet oder lebt.
Leider sind viele der selbst ernannten Retter der geschändeten Prostituierten und sogenannten Beobachter der Szene, Menschen, die bereits mit einer negativen Voreinnahme ans Werk gehen und bloss das sehen, was sie sehen möchten und nach Bestätigung ihrer Meinungen suchen und deshalb mit ihren Analysen und Schlüssen nicht nach einer möglichst hohen Objektivität trachten, das heisst alle seiten ausgewogen erwägen. Wie das Wort erwägen“ sagt wägt man negativ und positiv ab. Leider kennt das kollektive Bewusstsein in Sachen Prostitution meist bloss das Negative und Verruchte der notgeilen Freier, der hirnlosen Triebmenschen, der abgefeimten, niederträchtigen Huren – natürlich alles schlechte schändliche weibliche Wesen ohne Skrupel und Würde -, der Ausbeuter, der Menschenschinder usw usw und verschliesst sich dem echten Problem. Natürlich ist auch die negative Spezies der letzgenannten eine Realtät, wer wollte sie verleugnen?Die einfachste Solution für solche Niedertracht ist seitens der Tagi Magazin Autoren ist schnell zur Hand: das Verbot und die Dämonisierung der beteiligten: der Huren und ganz besonders der Freier.
Und so kehrt sich der wohl bescholtene sich um das Allgemeinwohl kümmernde Bürger sich in seinem wohligen Bett, legt sein Haupt auf sein Kissen und schläft ruhig den Schlaf des Gerechten...
Hier geht es aber weder um den Schlaf des (selbst(Gerechten) noch um Traum, sondern um eine Realität, vor der man nicht die Augen verschliessen kann.Dazu braucht es allerdings eine unvoreingenommene und nicht verklärte Sicht der Dinge.
Es gibt hunderte Gründe, weshalb man zu einer Prostitutierten geht und hunderte, weshalb man das vielleicht nicht tun sollte. Das Problem seitens der Freier ist sicherlich die männliche Sexualität, die nun einfach nicht auf die Zwangsjacke der Monogamie gepolt ist, sondern, wie meist im Tierreich, auf das Weitergeben der Gene und Zeugung neuen Lebens. Dies ist für einen Mann bis ins hohe Alter möglich. Die Frauen können Leben bloss bis ca. 50 weitergeben – zw. 40 und 50 ist das ein Risikofaktor. Oft ticken deshalb die Uhren der Libido anders und in der Monogamie stellt sich dann ein Ungleichgewicht der Sexualität und der sexuellen Verlangens ein, bei dem der Mann in einem gewissen Alter – so er in einer monogamen Beziehung steht – nicht mehr auf die Rechnung kommt. Der Drang nach Abwechslung ist Natur gegeben und hat das männliche Sexualverhalten so gepolt. Erst die sogenannte „Zivilisation“ und das religös-moralische Verpönen der Sexualität und besonders der sich hingebenden Frau will im Triebleben des Mannes etwas Rohes und Ungeschliffenes und letztlich zu Unterdrückendes und in der sich hingeben Frau (besonders Prostitution) etwas Unzüchtiges Verabscheuungswürdiges sehen.
Weshalb treffen wir in den Puff in erster Linie Männer von 40 aufwärts mit Schwerpunkt 50/60 an und einen der jungen – entweder noch unerfahrenen oder nicht in einer Beziehung?
Der Gang zur Prostituierten ist aus genannten Zusammenhängen heraus meist eine Ersatzhandlung, die durch die ganze Menschheitsgeschichte Gang und Gäbe war und in gewissen Kulturen geächtet in anderen (Griechische und römische Antike) gar zelebriert wurde. Die euphorischen Schriften der Freier über die Huren an den Wänden der römischen Bordelle in Pompei (Lupanara) lesen sich wie einzelne Forumsberichte hier im 6Profi. Diese Schreiber sind gar als Vorläufer der heutigen Sexforen zu sehen ...
Es ist meines Erachtens ein absoluter realitätsfremder Blödsinn – wie vom Tagi Magazin Artikel gefordert - Prostitution zu verbieten, das der gekaufte Sex letztlich die Befriedigung eines menschlichen Bedürfnisses darstellt.
Wenn Essen und Trinken nicht verboten werden kann – da das lebensnotwendiges menschliches Grundbedürfnis ist-, so verhält es sich beim Sex – egal käuflich oder nicht - gleich. Wenn der Mensch seine Sexualität nicht mehr frei (das heisst nun freilich nicht ohne Verantwortung) ausleben kann, dann verkümmert er. Und da sollten nun nicht die alten christlich verbrämten Gegensätze von Fleischeslust und höherer Spiritualität (Klosterleben etc.) als Gegenargumente herbei gezogen und strapaziert werden!
Das Problem der Prostitution und ihrer Auswüchse sollte an sich nicht primär vom Freier her und schon gar nicht vom Staat her durch ein Verbot der Prostitution und Verzicht darauf sowie durch eine damit verbundene Kriminalisierung gelöst werden, der Hebel sollte bei der Ausübung, den Rahmenbedingungen der Prostitution angesetzt werden. Das ist freilich komplexer und fordert nicht plakative Verurteilung sondern urteilskräftiges Handeln!
Wenn man die sich Prostituierenden schützen will – und das ist auch jedem verantwortungsbewussten Freier ein Anliegen - , so ist der Hebel an den Rahmenbedingungen der Prostitution anzusetzen.
Solche gehen zuerst von einer Veränderung des kollektiven Bewusstseins aus, - dazu gehören sicherlich nicht dämonisiernde Zeitungsartikel, schon gar nicht weltfremd geschriebene, sondern solche die nicht urteilen und verurteilen, sondern Sachverhalte wahrnehmen und mit Urteilskraft beurteilen - erst dann können begleitend Rahmenbedingungen formuliert werden, die eine geordnete „saubere“ Prostitution garantieren.
Dazu sind die Verrichtungsboxen (welch Unwort!) alles andere als eine zuträgliche Lösung und auch nicht die Vertreibung der Strassenprostitution von einer (Schmuddel)ecke in die andere, da könnte vielleicht eine Zuführung der Strassenprostitution (mit ihren zugegeben höchst bedenklichen und gefährlichen Begleiterscheinungen) in seriös geführten Bordelle (da könnte beispielsweise der Staat diskret Kontrollfunktion ausüben) ein Lösung bringen.
Eine solche von mir persönlich willkommene Verschiebung der Strassenprostitution in eine geordnete Etablissement Prostitution (durchsetzbar bloss über die Gesetzgebung und flankierende Massnahmen vor Ort (denn die Strassenprostitution lässt sich nicht von einem Tag auf den anderen aufheben) kann Ausbeutung der Frauen und Menschenhandel eindämmen, gleich wie auch medizinisch-hygienische Massnahmen durchsetzbar sind. Dazu braucht es aber keine ethisch-moralisch Moralinsäuere verbrämte Staatangestellte, sondern staatliche Mitarbeiter mit einem freien unvoreingenommenen Kopf und viiiieeeeeel Geduld und Fingerspitzengefühl aber auch Durchsetzungswillen.
Insgesamt dient der Tagi Magazin Artikel bloss der weiteren Zementierung alter Klischees (wie das notwendig wäre) und zielt zudem auf die Bestätigung des negativen kollektiven Bewussteins in Sachen Prostitution ab. Schade, wie so oft in Zusammenhang mit der Prostitutionsfrage, eine gute Chance vertan!
Die im Artikel angebotene „Problemlösung VERBOT“ ist kurzsichtig und uninspiriert und der Appell an die Freier und deren Moral (wer entscheidet denn was moralisch intakt und haltbar ist und was nicht?) arrogant und realitätsfremd.
Gescheiter wäre ein Appell an die Freier, mit den von Ihnen besuchten Frauen zivilisiert, respektvoll und wohlwollend umzugehen, so wie im „normalen Leben“ mit einer hoch geschätzten Geliebten. Von ihr nicht das zu verlangen, was sie nicht bereit ist zu geben.
Die Problemlösung geht zunächst vom Inneren aus und erst dann von gescheiten Massnahmen
Selby -
Das ist das Leidwesen der Demokratie, dass sich immer wieder eine Minderheit der Mehrheit beugen muss, das ist wahr.
Ein klassisches Beispiel haben wir ja am nächsten Wochenende mit der Raucher-Initiative. Was mir da vorallem ins Auge sticht, ist das Verbot der bedienten Fumoirs. Nachdem immer wieder an die Eigenverantwortung appelliert wird, kommt nun ein derart rigides Verbot an die Urne. Eine differenzierte Vorlage hätte dem Personal das Recht eingeräumt, zu entscheiden, ob sie im Fumoir bedienen wollen, oder nicht. Ganz abstrus wird das Ganze ja dann, wenn das Servierpersonal selber raucht. Das würde dann konkret bedeuten, dass das Personal als Raucher vor den Folgen des Passiv-Rauchens geschützt wird.
Aber nun zurück zum Thema:
Ich bin auch der Meinung, dass Verbote von unliebsamen "Gewohnheiten" eher zur Kriminalisierung beiträgt. Damit drückt man sie in eine Schattenzone, in welcher keine wirkliche Kontrolle mehr möglich ist. -
Das Berichtchen von Brigit Schmid kratzt nicht einmal an der Oberfläche des Themas der Prostitution. Es ist hochgradig naiv zu glauben, Prostitution liesse sich verbieten bzw. mit Repression massgeblich verringern und offenbar stochern auch die Schweden einfach im Nebel. Von einer sauberen Evaluation lese ich jedenfalls nichts. Die eine Parallele, welche hier absolut gültig gezogen werden kann, ist diejenige zum Drogenkonsum. Es gibt ihn und es wird ihn immer geben.
Väterchen Staat dringt in Schweden in sämtliche Lebensbereiche vor und schreibt dem Menschen bis ins Detail vor, wie er zu leben hat. Hierbei wird immer der sogenannte gesellschaftliche Konsens zwecks Legitimation der Kriminalisierung von abweichendem Verhalten ins Feld geführt. Bei 70% Zustimmung herrscht aber kein gesellschaftlicher Konsens sondern es bestimmt schlicht die Mehrheit über die Minderheit (Demokratie). Hier beginnt für mich das akute Problem: Auch bei uns sind Tendenzen auszumachen, zu verbieten, was einer Mehrheit, welche vom Verbot nicht betroffen ist, nicht passt. So werden alle, irgendwann in irgendeinem Bereich zur Minderheit und dort wiederum von der Mehrheit in ihrem Selbstbestimmungsrecht massiv eingeschränkt.
Nein nein nein. Ich so einem Staat will ich nicht leben.
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Alles anzeigenWie billig, bei diesem Thema einmal mehr die rechtspopulistische Ansicht, dass die Grünen und die Linken für die Verbote verantwortlich sind, ins Feld zu führen.
Wer hatte denn in den letzten Legislaturperioden die Mehrheit im Parlament? Und hat somit diese von Dir angeprangerten Verbote verabschiedet? Wenn ich mich nicht irre, haben wir eine Zeit der bürgerlichen Mehrheiten hinter uns. Seit den letzten Wahlen hat sich das ein bisschen verschoben. Also spar Dir deine plakativen Aussagen für den nächsten Parteitag, da sind sie besser aufgehoben.
Das Thema hier ist nämlich ein anderes: Es geht vielmehr um die Frage, was wir davon halten, als Freier quasi in globo kriminalisiert zu werden. Und zu dieser Frage hast Du leider nichts gesagt.
Ansonsten kann ich mich nur der Ansicht von Badwischer anschliessen, dass das Ganze irgendwie ungeheuerlich ist.

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Was muss das für ein Albtraum sein in Schweden?
Die haben da die grösste Frauenquote in den Führungsetagen.
Bier und Alkohol sind so sündhaft teuer dass sie sich das zeug zu hause selbst brauen müssen. Emanzen ohne Ende. Prostition strafbar. Sind dort alle Männer waschlappen und Pantoffelhelden? Also irgendwo ist Ende der Fahnenstange.
Anstatt Prostitution zu verbieten sollte man es aus der Schmuddelecke raus holen.
Ich denke wenn man die Prostitution verbietet wird es noch krimineller. Es gibt bestimmt mehr Vergewaltigungen. Frauen die geheim anschaffen und somit noch weniger Rechte und Freiheiten haben.
Für mich ein Albtraum ohne Ende. -
Alles anzeigen
Wie billig, bei diesem Thema einmal mehr die rechtspopulistische Ansicht, dass die Grünen und die Linken für die Verbote verantwortlich sind, ins Feld zu führen.
Wer hatte denn in den letzten Legislaturperioden die Mehrheit im Parlament? Und hat somit diese von Dir angeprangerten Verbote verabschiedet? Wenn ich mich nicht irre, haben wir eine Zeit der bürgerlichen Mehrheiten hinter uns. Seit den letzten Wahlen hat sich das ein bisschen verschoben. Also spar Dir deine plakativen Aussagen für den nächsten Parteitag, da sind sie besser aufgehoben.
Das Thema hier ist nämlich ein anderes: Es geht vielmehr um die Frage, was wir davon halten, als Freier quasi in globo kriminalisiert zu werden. Und zu dieser Frage hast Du leider nichts gesagt.
Ansonsten kann ich mich nur der Ansicht von Badwischer anschliessen, dass das Ganze irgendwie ungeheuerlich ist.
Es gibt noch etwas, was nicht gesagt wurde. Es gibt Grenzen des Erträglichen. Und wo diese überschritten werden, helfen manchmal nur noch Verbote. Ich kenne die Verhältnisse in Schweden nicht. Aber ich kenne die Verhältnisse am Sihlquai in Zürich (Anwohner). Und hier, am Sihlquai ist die Situation wirklich aus dem Ruder gelaufen. Die Freier und die Prostituierten kenne einfach gar nichts. Und ich kann jeden verstehen, der in einer solchen Situation Verbote fordert. Also, wenn sich die Freier nicht zusammenreissen, wenn sich die Freier nicht selber Grenzen setzen, dann werden eben diese Grenzen von Anderen gesetzt.
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Wie billig, bei diesem Thema einmal mehr die rechtspopulistische Ansicht, dass die Grünen und die Linken für die Verbote verantwortlich sind, ins Feld zu führen.
Wer hatte denn in den letzten Legislaturperioden die Mehrheit im Parlament? Und hat somit diese von Dir angeprangerten Verbote verabschiedet? Wenn ich mich nicht irre, haben wir eine Zeit der bürgerlichen Mehrheiten hinter uns. Seit den letzten Wahlen hat sich das ein bisschen verschoben. Also spar Dir deine plakativen Aussagen für den nächsten Parteitag, da sind sie besser aufgehoben.
Das Thema hier ist nämlich ein anderes: Es geht vielmehr um die Frage, was wir davon halten, als Freier quasi in globo kriminalisiert zu werden. Und zu dieser Frage hast Du leider nichts gesagt.
Ansonsten kann ich mich nur der Ansicht von Badwischer anschliessen, dass das Ganze irgendwie ungeheuerlich ist.
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hmmm es wird zuerst mal alles aufgehängt am Schutz der Prostituierten.
Dann wird ganz klar gesagt, dass Freier im Prinzip schwer kriminell sind
Und dass sie schwer krank sind und therarpiert werden müssen.Hmm tja nu.
Wie ist denn das in Schweden? Prostitution ist Sex gegen Geld. Laut Artikel kommen die Schweden ja zu ihrem ausserbeziehlichen Sex. Das heisst, dass es da tonnenweise so ne Art Swingerclubs gibt, wo Mann für umsonst eine ficken kann? Wären ja paradisische Zustände.
Oer haben den schwedischen Männer ihre Sexualität aufgegeben? Sie wie sich die Weiber ja da benehmen, gibt es ja wohl kaum noch Sex in einer Beziehung ausser zur Generierung des Nachwuchses.

Das Ganze ist mir mehr als ungeheuerlich.

Badwischer
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Wer noch mehr Verbote will, soll einfach fleissig links und grün wählen. Im Übrigen: Wer liest noch das politisch korrekte, feministische Tagi-Magazin? Natürlich sind wieder mal die so fortschrittlichen Schweden der Orientierungspunkt. Die andern 99% zählen nicht. Pfff.

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Warum Prostitution verboten werden muss
EINE FRAGE DER WÜRDE
Text Birgit Schmid
Tages Anzeiger Magazin No.37, 15.09.2012
In Schweden werden Männer bestraft, wenn sie zu Prostituierten gehen. Warum das Gesetz nicht auch bei uns einführen? Ein Augenschein in Stockholm
Frankreich erwägt, die Prostitution gesetzlich zu verbieten. Diskutiert wurde die Eindämmung des Sexgewerbes von der Politik schon länger; der neuen Frauenministerin Najat Vallaud-Belkacem ist es nun ernst, vor allem Freier sollen hart bestraft werden.
In Barcelona müssen Männer seit August 1500 Euro zahlen, wenn sie auf der Strasse Sex kaufen. Werden sie beim Sex an öffentlich zugänglichen Orten erwischt, droht ihnen eine Busse von bis zu 3000 Euro.
In New York City, wo sich bislang Prostituierte strafbar machten, nimmt die Justiz seit diesem Frühling Zuhälter und Freier stärker ins Visier, und die, die ihren Körper verkaufen, oft unfreiwillig, werden vom Tatvorwurf befreit. „Johns”, englisch für „Freier”, droht dagegen neu bis zu einem Jahr Gefängnis.
Nur in der Schweiz stehen sie Nacht für Nacht, zum Beispiel am Zürcher Sihlquai. Sechzig, siebzig, achtzig halb nackte Frauen, manchen steht noch die Kindheit ins Gesicht geschrieben, die eindeutigen Hand- und Lippenbewegungen kennen die Mädchen trotzdem schon. Es ist auch keine Kunst, die Autos mit SG-, TG-, ZH-, AG-, LU-, VD-Nummernschildern anzulocken, die im Sekundentakt von der Strasse abbiegen und langsam zu den Prostituierten hinrollen.
Neuerdings findet es eine Mehrheit der Zürcher auch völlig okay, mit Steuergeldern eine Art Pferdestall zu bauen, in dem Männer für den Preis eines Nachtessens Drogensüchtige penetrieren können. Das Ganze heisst dann Verrichtungsbox.
So weit alles normal. So weit alles legal. Warum sollte es auch anders sein, es ist das älteste Gewerbe der Welt. Machen sie sich Illusionen, die Länder, die nun offensiv etwas bekämpfen wollen, das es schon immer gab? Wie kann man so naiv sein zu glauben, die Gesetzgebung komme an gegen die Macht der Triebe?
Nun, es gibt ein Land, das es seit 13 Jahren tut und die Prostitution teilweise unter Strafe stellt. Schweden hat 1999 als erstes Land der Welt ein Gesetz eingeführt, das den Kauf sexueller Dienstleistungen verbietet. Die Freier werden bestraft, nicht aber die sich Prostituierenden. Es braucht also gar kein langes Hin und Her, Pro und Kontra, wenn das Anschauungsbeispiel nur etwas über zwei Stunden Flug entfernt liegt.
Das Büro von Schwedens Justizkanzlerin Anna Skarhed liegt im Birger Jarl Tower, dem angeblich ältesten Gebäude Stockholms, auf der Insel Riddarholmen in der Altstadt. König Gustav Wasa liess den Festungsturm um 1530 erbauen.
Die Justizkanzlerin hat die Aufgabe zu schauen, dass die Regierung sich an geltendes Recht hält. Anna Skarhed ist die erste Frau in diesem Amt, ihre Vorgänger hängen gerahmt unter dem Gewölbe, und ebenso wie der König nicht auf seine Kurtisane verzichtet haben wird, so oft zahlten wohl auch die stattlichen Männer für ihre Mätressen. Doch das interessiert Anna Skarhed nicht, es ist 300 Jahre später, und auf ihrem Tisch liegt ein 270-seitiger Bericht der Evaluation, die sie im Auftrag des Justizministeriums über die Wirksamkeit des Antiprostitutionsgesetzes machen liess. Der Untersuchungsbericht wurde 2010 veröffentlicht, die wichtigsten Erkenntnisse daraus sind:
– Die Strassenprostitution hat sich halbiert.
– Die Anzahl Freier hat abgenommen.
– Alles deutet darauf hin, dass Schweden für den Menschenhandel heute weniger attraktiv ist.
– Eine Mehrheit der Schweden findet, dass es nicht richtig ist, jemanden für Sex zu bezahlen.
Dieser letzte Punkt erklärt, wie eine Gesellschaft beschaffen sein muss, damit ein solches Gesetz überhaupt zustande kommen kann; ein Gesetz, das ziemlich paradox klingt, wenn man zum ersten Mal davon hört, und entsprechend waren die Reaktionen im Rest der Welt, als Schweden sich Ende der Neunzigerjahre zu diesem Schritt entschloss. Die dort oben im Norden wurden belächelt, viele fanden es bloss absurd: Männer durften nicht mehr zu Prostituierten gehen, Prostituierte konnten aber weiter ihren Beruf ausüben! Wie sollte das zusammengehen?
Justizkanzlerin Anna Skarhed erklärt den scheinbaren Widerspruch wohl zum tausendsten Mal, geduldig und freundlich lächelnd. Sie sagt, was sie auch Frankreich, Australien, Irland gesagt hat, die sich für das schwedische Modell interessieren und in den letzten Monaten bei ihr angeklopft haben: Es waren nicht für die Anwohner in Stockholm, Malmö oder Göteborg unhaltbare Zustände, die zum Sexkaufverbot führten, Kondome und Kot in den Gärten, der Autoverkehr durch Freier und Zuhälter, der tägliche Anblick des Nuttenelends. Beim schwedischen Entscheid ging es stattdessen in erster Linie: um die Würde der Frau.
„In den Neunzigerjahren wurden verschiedene Massnahmen diskutiert, wie man die Gewalt gegen Frauen bekämpfen und die Gleichheit zwischen Frauen und Männern stärken kann”, sagt Anna Skarhed. „Ein Aspekt davon war der Kauf sexueller Dienste: Männer, die vor allem von Frauen Sex kaufen. Um das Problem der Prostitution anzugehen, musste man die Käufer in die Verantwortung nehmen, das war für uns klar. Wenn es keine Nachfrage gibt, gibt es auch keine Prostitution.” In ihren Augen wäre es falsch gewesen, auch die Prostituierten zu kriminalisieren. Denn, wie sie aus eigenen Begegnungen mit Betroffenen und von sozialen Einrichtungen weiss: Die Frauen kämpfen oft genug ums tägliche Überleben, sie gehen unfreiwillig auf den Strich, sind kriminellen Zuhältern ausgeliefert. Sie sind Opfer.
Auf dieser Grundlage wurde das Gesetz zum Verbot von käuflichem Sex, auf Schwedisch „Sexköpslagen”, angenommen. 181 Abgeordnete stimmten im Reichstag dafür, 92 dagegen. Prostitution wurde fortan als Männergewalt gegen Frauen und Kinder definiert. Der Gesetzestext enthielt die Zeile: „A person who (…) obtains a casual sexual relation in exchange for payment shall be sentenced for the purchase of a sexual service to a fine or imprisonment for at most six months.” 2011 wurde die Gefängnisstrafe auf ein Jahr ohne Bewährung erhöht.
„Wir wollten zeigen, dass wir es ernst meinen”, sagt Anna Skarhed. „Vorher setzte das milde Strafmass Prostitution mit Ladendiebstahl gleich.” Im Parlament kam die Anpassung diesmal mit 282 gegen 1 Stimme durch.
Von 1999 bis 2011 wurden an die 1500 Freier verurteilt und gebüsst. Die Höhe der Geldstrafe ist vom Einkommen abhängig. Niemand kam bisher hinter Gitter. Ein an sich bescheidenes Resultat. Trotzdem beurteilt der Untersuchungsbericht das Gesetz als Erfolg. Verkauften früher jeweils Abend für Abend bis zu achtzig Frauen ihren Körper auf Stockholms Strasse Malmskillnadsgatan, so sind es heute noch zehn, höchstens zwanzig pro Nacht. In den Nachbarländern Dänemark und Norwegen lag 2008 die Zahl jener, die auf der Strasse anschafften, dreimal höher, obwohl jedes der beiden Länder nur etwa halb so viele Einwohner hat wie Schweden. Dänemark handhabt käuflichen Sex nach wie vor sehr liberal. Gern wird Malmö im Süden Schwedens mit dem wenige Kilometer entfernten Kopenhagen verglichen. Während die dänische Hauptstadt ausser Kontrolle scheint, sind Prostituierte von Malmös Strassen offensichtlich komplett verschwunden. (Die Dänen sollen sich deshalb sogar schon beklagt haben, die sexuelle Not der Schweden befriedigen zu müssen, die diese Gelegenheit zu Hause nicht mehr haben.)
Norwegen wiederum ist 2009 Schwedens Beispiel gefolgt, als zweites Land der Welt. Die Strassenprostitution reduzierte sich sofort.
Was ist schlecht an Moral?
In den nordischen Ländern hat — wie überall auf der Welt — die Prostitution über das Internet zugenommen. Kritiker des Sexkaufverbots gingen davon aus, dass sich die Strassenprostitution online verlagern würde. Doch der Vergleich mit Dänemark und Norwegen zeigt, dass Sexinserate in Schweden nicht explodiert sind. Die Abnahme der Strassenprostitution um die Hälfte könnte also generell weniger Prostitution bedeuten. Genauso wenig scheint die Szene in den Untergrund gewandert zu sein, was ebenfalls häufig prophezeit worden war. Polizisten und Sozialarbeiter sagen aus, sie könnten die gefährdeten Leute gleich gut erreichen. Sie schätzen auch das Risiko für die Prostituierten nicht grösser ein. Diese werden nicht häufiger in Kellerlöcher gezerrt, körperlich misshandelt oder bedroht.
Wie abschreckend das Gesetz in Tat und Wahrheit ist, dazu gibt es keine letztgültige Antwort, „es ist das Problem der harten Fakten”, sagt Anna Skarhed, während sich vor dem Fenster die Dämmerung über das Archipel legt. Etwas anderes sei viel wichtiger, meint die Justizkanzlerin.
Entscheidend sei die symbolische Bedeutung des Gesetzes. Sex gegen Geld einzutauschen sei be­schämend und inakzeptabel in einer Gesellschaft, in der Gleichheit und die Freiheit des Einzelnen hoch bewertet werden. Diese Haltung hat sich etabliert. Mehr als siebzig Prozent der Bevölkerung stehen heute hinter dem Gesetz, während es anfangs viel mehr Skeptiker gab.
Was für Skarhed beweist: In einer modernen, aufgeklärten, emanzipierten Gesellschaft ist es möglich, einen Gesinnungswandel herbeizuführen. „Man kann es mit Ende der Siebziger-jahre vergleichen, als es Eltern in Schweden gesetzlich verboten wurde, ihre Kinder zu schlagen”, sagt sie. „Wir dachten damals, die Politiker sind verrückt geworden. Doch irgendwann machte sich niemand mehr Gedanken darüber. Es war selbstverständlich ge­worden, dass man sein Kind nicht schlägt.”
Wird ihr oft vorgeworfen, sie argumentiere moralisch und politisch überkorrekt? „Natürlich. Darauf antworte ich: Was ist schlecht daran, eine Moral zu haben? Andererseits geht es hier nicht um Moral. Es ist vielmehr eine Frage der Menschenrechte. Prostitution sollte es nicht geben.”
Im Grossraum Stockholm leben 1,3 Millionen Menschen, Das Stadtzentrum ist überschaubar. Hier, nahe der Fussgängerzone Drottninggatan mit ihren vielen Cafés, Shops und Restaurants, liegt die Strasse Malmskillnadsgatan, wo vor 15 Jahren die Autos im Schritttempo vorbeifuhren, um Mädchen aufzugabeln. Man sollte nicht, geprägt von Zürich, bei der Polizei von Stockholm um eine Führung durch das Rotlichtviertel bitten. Denn es gibt kein Rotlichtviertel, keine rot beleuchteten Fenster, keine blinkenden Neonreklamen. „Sie können auf eigene Faust die zwei Strassen ablaufen, in denen noch etwas Prostitution stattfindet”, beantwortet der Kriminalbeamte Simon Hägg­ström die Anfrage. „Gehen Sie ab zehn Uhr abends hin.” Er wolle aber ab­klären, ob die Journalistin ihn auf Streife begleiten dürfe. Häggström spürt Freier auf.
Es ist nachts kurz nach elf, weit und breit keine Menschenseele, wenige Autos, nur ein milchiger Vollmond am Himmel. Erst am unteren Ende der Malmskillnadsgatan kommt eine dunkelhäutige Frau um die Ecke, in Leggings, flachen Schnürstiefeln mit Zebramuster, sie trägt einen langen Zopf und Baseballcap. Sie hat einen unsicheren, musternden Blick. Auf der Querstrasse, der Mäster Samuelsgatan, die beim Zentralbahnhof endet, mit einem Casino in der Nähe, sitzen zwei bleiche dunkelhaarige Mädchen rauchend auf einem Mäuerchen, sie tragen Jeans, Windjacken, Sneakers. Erkennbar osteuropäisch. Auf der andern Strassenseite lehnen zwei Frauen an einer Hausmauer, schwatzen. Nur die Pumps lassen erkennen, dass auch sie anschaffen. „The Meat – South American Grill & Bar” steht am Ende der Strasse über einem Lokal, man hat bisher nicht mehr als fünf Frauen gezählt.
Man kann die Prostituierten nach den Auswirkungen des Verbots auf ihre Arbeit fragen und wird zwei Antworten erhalten. „Dieses Gesetz verdirbt uns das Geschäft, denn die Freier haben Angst.” Oder: „Wir merken nichts. Weshalb sollten sich die Freier einschüchtern lassen, es werden ja so wenige erwischt, und die Busse ist so mild.”
Beide Aussagen werden benutzt in der von Zeit zu Zeit in Schweden wieder aufflammenden Kontroverse um das Antiprostitutionsgesetz, je nach Haltung wählt man die eine oder andere. Eine dritte Antwort der Prostituierten auf die Frage nach ihrer Arbeit ist ebenso wahrscheinlich: „Welches Gesetz?”
Das Gesetz sei bei ihrer Arbeit mit Prostituierten kein Thema, sagt Miki Nagato, Sozialarbeiterin bei der Prostitution Unit im von Wasser umgebenen Bezirk Södermalm. Die 28-Jährige trägt Sneakers mit Merkurflügeln; zugegen ist auch die Hebamme Antoinette Kinnander, eine feenhafte Erscheinung. Prostituierte werden hier nicht nur beraten, sie erhalten auch medizinische Hilfe, im Zimmer nebenan steht ein gynäkologischer Stuhl. Miki und Antoinette befürworten die Kriminalisierung der Freier voll und ganz. Nach 1999 sei die Zahl der Prostituierten gestiegen, die sich bei der Anlaufstelle meldeten, „denn nun wussten sie das Gesetz auf ihrer Seite”. Jetzt habe es sich bei sechzig Frauen pro Woche eingependelt. Miki geht an zwei Abenden raus, redet mit den Mädchen auf der Malmskillnadsgatan und der Mäster Samuelsgatan, „die natürlich nicht auf der Strasse sind, um mich zu treffen”, versucht deren Vertrauen zu gewinnen, missioniert aber nie für den Ausstieg. Doch nicht selten, manchmal erst nach Mo­naten, taucht eine Frau plötzlich bei der Prostitution Unit auf. Die Frauen kommen aus Ungarn, Rumänien, Polen, den baltischen Staaten. Es gibt mehr ausländische Prostituierte auch in Schweden, seit die osteuropäischen Staaten der EU beigetreten sind und die Visapflicht aufgehoben wurde.
„Ich kenne keine glückliche Hure”
Wer an der Front arbeitet, braucht keine Studie über die psychische Gesundheit von Prostituierten, wie sie vor zwei Jahren die Universität Zürich gemacht hat. Sondern weiss, dass jede Zweite dieser Frauen an Depressionen und Angststörungen leidet, viele sind traumatisiert. Sie trinken, nehmen Drogen während der Arbeit. Man muss kein Psychologiestudium haben, um die Gründe zu kennen: Herkunft aus armen Verhältnissen, Erfahrung von Gewalt im Milieu und ausserhalb.
Es wäre ja schön, wenn eine Prostituierte diese Tätigkeit selbstbewusst und freiwillig wählen würde, wie der Autor einer Schweizer Wochenzeitschrift kürzlich geträumt hat; wenn sie diese Arbeit machen würde, weil sie Freude an Sex hat. Miki sagt: „Ich kenne keine glückliche Hure.” Wie oft hört sie von Frauen: Mir fehlt beim Akt jegliche Lust. Meine eigene Lust gibt es nicht mehr.
„In einem stimme ich mit Feministinnen überein, die das Antiprostitutionsgesetz kritisieren: Jede Frau hat das Recht zu sagen, mein Körper gehört mir. Die Frauen, die wir hier sehen, sagen aber: Jemand benutzt meinen Körper. Ich sehe die freie Wahl nicht.” Auch dann nicht, wenn ihr eine Prostituierte sagt, zum ersten Mal in ihrem Leben habe sie Kontrolle über ihren Körper, habe sie Macht über Männer. Wenn sie ihr sagt: Jetzt erhalte ich Geld für etwas, das ich schon immer gemacht habe. Hinter sich eine Karriere des sexuellen Missbrauchs. Selbstverletzendes Verhalten nennt dies Sozialarbeiterin Miki Nagata.
In Schweden haben sich einige Prostituierte gegen das Freierverbot aufgelehnt. Niemand applaudiert einem Gesetz, das seine Existenzgrundlage bedroht. Der Wahrheit etwas näher dürfte man kommen, wenn man eine Frau fragt, ob sie sich wünscht, dass ihre Tochter ebenfalls Prostituierte wird.
Was man in Stockholm von verschiedenen Seiten hört: Prostitution ist gefährlich, und das bleibt sie auch mit einem Verbot. Die Frauen sind aber nicht gefährdeter als vorher. Sie wenden sich jetzt schneller an die Polizei, Repressionen befürchten müssen sie ja nicht. Damit ist ein Ziel erreicht, nämlich die Entkriminalisierung jener, die Sex verkaufen. Die Polizei hat ihr helfendes Image verbessert. Auf der Malmskillnadsgatan wird noch immer auf die Bullen geschimpft. Doch jetzt melden sich Prostituierte bei ihnen, wenn sie vergewaltigt wurden.
In den letzten Jahren entstanden viele Netzwerke und Organisationen, von Leuten und für Leute, die in der Prostitution sind oder waren, wie auch für Freier. Die Seite „1000mojligheter.se”, auf Deutsch „1000 Möglichkeiten”, ist ein Internetangebot für Junge, die Sex geben und Geld nehmen. Zandra Kanakaris, die 28-jährige Geschäftsführerin, begrüsst trotz ernüchternder Arbeit die normative Wirkung des Gesetzes (sie hat eben geheiratet und, ja!, auch das gibt es in Schweden, den Namen ihres Mannes angenommen, Lundgren war ihr zu langweilig.)
„Prostitutes’ Revenge In Society” (PRIS) heisst eine Gruppe betroffener Frauen, die über die negativen Folgen der Sexindustrie aufklären und zum Aussteigen ermutigen. Mit Medien sprechen sie nicht. Sie haben aber an Anna Skarheds Evaluation mitgearbeitet. Das Verbot habe nicht dazu geführt, dass mehr Psychopathen kämen, weil sich die netten Freier nicht mehr zu ihnen getrauen würden, haben sie zum Beispiel festgestellt.
Männer, die Sex kaufen oder sexsüchtig sind und ihr Verhalten ändern wollen, gehen zur Beratungsstelle KAST in Stockholms Prostitution Unit, 25 Männer und eine Frau. Natürlich suchen auch sie nicht die Öffentlichkeit. Seit das Gesetz in Kraft ist, hat man sich jedoch nicht nur bemüht, die „Täter” zu fassen, sondern fragt sich, wer die Freier sind. Wo sind sie jetzt zu finden? Erhebungen zeigen: Die Nachfrage nach käuflichem Sex hat abgenommen. 1996 sagten 13,6 Prozent der Männer, sie hätten schon für Sex gezahlt, 2008 waren es noch 7,8 Prozent. (Wie ehrlich die Antworten sind, jetzt, da man sich strafbar macht, ist eine andere Frage.) In Stockholms Zentrum fallen jedenfalls nicht Horden grölender Jungs ein, wie man das von Amsterdam kennt, auch keine Agglo-Buben, die beim Strassenstrich im Zürcher Niederdorf jede Samstagnacht ihre sexuelle Erweckung feiern. Es gibt nichts zu gaffen wie am Sihlquai. Daran ist nicht nur das fehlende Angebot schuld. Es ist in Schweden uncool geworden, Sex zu kaufen. Freier heissen hier Verlierer. Das Antiprostitutionsgesetz wirkt.
Die Freier kommen aus allen sozialen Schichten; es bestätigt sich auch das Klischee vom netten Nachbarn, der morgens mit frisch gebügeltem Hemd und Aktentasche das Blockhäuschen in Sollentuna, einem Vorort Stockholms, verlässt, hübsche Ehefrau, drei süsse Kinder.
„Wir Schweden haben durchaus Sex ausserhalb der Ehe”, sagt Kajsa Wahlberg, Kriminalinspektorin mit Spezialbezeichnung „National Rapporteur on Human Trafficking” in ihrem kleinen Büro im Hauptsitz der nationalen Polizeibehörde in Stockholm. „Wir haben sogar viel Sex. Aber hier geht es um Prostitution. Prostitution zieht das Verbrechen an und ist heute eng mit dem Menschenhandel verknüpft. Diesen kann man nur be­kämp­fen, indem man die Nachfrage nach käuflichem Sex bekämpft.”
Dem Vorstadtbewohner wird es immer egal sein, wie die 19-jährige Litauerin auf die Mäster Samuelsgatan geraten ist. Aber er wird sich, einmal von der Polizei erwischt, ein nächstes Mal überlegen. Jeder Freier weiss heute, dass seine Suche nach schnellem Sex unangenehm werden könnte. Widersetzt er sich und streitet die Tat ab, muss er vor Gericht. Dann könnten Familie, Freunde, der Chef bald davon erfahren.
Justizministerin Beatrice Ask hat sogar mal vorgeschlagen, den Freiern den Polizeireport nur noch in lila Briefumschlägen nach Hause zu schicken. Man wusste nicht recht, ob sie es ernst meinte.
Eine halbe Million Opfer pro Jahr
Aber zurück zu einem viel grösseren Problem, das Kajsa Wahlberg manchmal das Gefühl gibt, gegen Windmühlen zu kämpfen: der Menschenhandel zum Zweck sexueller Ausbeutung. Gemäss UNO ist der Menschenhandel der am schnellsten wachsende Markt des organisierten Verbrechens. Unter den profitabelsten illegalen Aktivitäten der Welt kommt er gleich nach dem Handel mit Waffen und Drogen. In Europa werden jährlich 500 000 Frauen Opfer. Immerhin kann die Kriminalinspektorin bessere Zahlen vorweisen, eine EU-Studie macht für sie den Vergleich. Nach Schweden sollen jährlich an die 400 Frauen verschleppt werden. In Deutschland leben schätzungsweise 62-mal so viele Opfer von Menschenhandel: Hier stieg die Nachfrage nach illegal eingeschleusten Prostituierten, nachdem man 2002 die Prostitution legalisiert hatte.
„Unsere Ermittler überwachen und hören Telefone verdächtiger Personen ab”, sagt Wahlberg. „Von Zuhältern und Menschenhändlern. Nicht selten hört man diese untereinander sagen, Schweden sei kein guter Markt mehr. Freier würden sich strafbar machen und hätten Angst.”
Schwieriger ist die Kontrolle im Internet, das dem Sexmarkt ab Ende der Neunzigerjahre neue Möglichkeiten eröffnete, zeitgleich mit Schwedens Sexkaufverbot. Das Überwachungsteam durchforstet Anzeigen nach schwedischen Telefonnummern. So kann man die Leute lokalisieren, selbst wenn die Seiten von Servern im Ausland betrieben werden. Und haben die Ermittler Glück, führt die Spur in eine Wohnung, die als Bordell genutzt wird, oder in ein Hotel. Bordelle, von denen es in den Siebzigerjahren Hunderte gab, sind verboten, ebenso in Zeitungen Sexinserate zu inserieren, deren Verleger würden sich der Zuhälterei strafbar machen.
Bereits vor Einführung des Gesetzes arbeiteten zwei Drittel der Prostituierten versteckt hinter verschlossenen Türen, deren Zahl ist nicht gewachsen, sagt Wahlberg. „Unsere Arbeit ist nicht schwieriger geworden. Die Prostituierten müssen ja weiterhin die Kunden draussen erreichen. Und so hat auch die Polizei Zugriff. Ich sage immer, wenn die Polizei zu dumm ist, diese Verbrecher aufzuspüren, muss man die Polizei feuern.”
Je mehr Frauen ihren Körper verkaufen, desto häufiger komme es zu Verbrechen. Ein englischer Kollege habe ihr neulich erzählt, in den letzten zehn Jahren seien in Grossbritannien sechzig Prostituierte ermordet worden. In Schweden geht der letzte Prostituiertenmord auf 1989 zurück. Im Herbst wird Wahlberg Delegationen aus Holland und Deutschland empfangen, die mehr über Schwedens Antiprostitutionsgesetz erfahren wollen. „Ich frage mich oft, warum wir so anders sind”, sagt sie zum Schluss. „Das wird mir klar, wenn ich in Ländern bin, wo Geschlechtergerechtigkeit nicht auf der Agenda steht. Bei uns hatten Frauen und Männer früh gleiche Karrierechancen und teilten sich die Aufgaben im Haus. Das macht alles einfacher.”
Das also ist der Mann, von dem alle reden, selbst die Prostituierten sollen seine Telefonnummer auf ihrem Natel gespeichert haben. Detective Simon Häggström, 30, von der Prostitution Unit der Stockholm County Police, geht nachts auf die Strasse, um Männer zu beobachten, die sich verdächtig verhalten. Aus der Begleitung auf Streife wird aber nichts, seine Vorgesetzten hielten es nicht für eine gute Idee. Also beantwortet er die Fragen an diesem Spätsommernachmittag in der Cafeteria im Hof des Polizeigebäudes. Wie wird dieses Gesetz genau angewendet? Was braucht es für den Tatbeweis? Was, wenn jemand behauptet, man sei ein Paar und im Park vor Lust übereinander hergefallen? Kennen Freier und Prostituierte inzwischen nicht viele Tricks, wie sie der Polizei entwischen können?
Auf Streife trägt Häggström das, was er auch heute trägt, Sweatshirt, Cargohose, Sneakers. Pistole ja. Er darf nicht als Polizist erkannt werden, uniformierte Kollegen sind aber immer in der Nähe. Das Bullige geht ihm ab, eher hat er etwas von einem Athleten. Alles, was nötig ist, um die Prostituierten auf seine Seite zu ziehen, und von Vorteil, wenn er hinter einem Freier herrennt. Im besten Fall überrascht er Freier und Prostituierte „während des Akts”. Gebüsst wird bereits, wer Anstalten macht, mit einer Prostituierten mitzugehen.
Vielleicht hat er die Geldübergabe beobachtet, folgt dem Paar, passt es ab: in öffentlichen Toiletten, im Auto, hinter Büschen, in Tiefgaragen, in der Wohnung des Freiers, in ihrer Absteige, „wo wir oft auch auf Zuhälter treffen”. Gefährlich wird es, wenn der Freier das Auto verriegelt und davonfahren will. Notfalls schlagen die Polizisten die Scheibe ein. Wurde ein Freier gefasst, gibt es eine getrennte Befragung, man will das Geld sehen, das meistens cash gezahlt wird. Bei fünf Hundert-Kronen-Scheinen ist der Fall klar. Acht von zehn Männern gestehen auf der Stelle, „sie wollen keinen Aufruhr”. Streiten sie alles ab, muss Hägg­ström als Zeuge vor Gericht. Ehe sich Häggström von einem Freier verabschiedet, gibt er ihm die Adresse von KAST, der Beratungsstelle für therapiewillige Freier.
„Ich finde es faszinierend, dass manche Männer noch immer auf der Strasse Sex kaufen”, sagt er. „Der sexuelle Drang muss so stark sein, dass er sie jede Vorsicht vergessen lässt. Erst wenn sie verhaftet werden, zerschellt ihr Leben in tausend Stücke.” Sieht er sie gar nie als Opfer eines natürlichen menschlichen Bedürfnisses? „Nein. Diese Männer finanzieren den Menschenhandel.” „Unmännlich” nennt er ihr Verhalten. „Wenn ich mit meiner Clique ausgehe und einer meiner Freunde würde gestehen, er sei bei einer Prostituierten gewesen: Wir würden ihn auslachen.” Am meisten freut sich der Polizist, wenn ein Mann mit bekanntem Namen ins Netz geht. Ein ehemaliger Fussballgoalie, ein ausländischer Tennisspieler, der ein Turnier in Stockholm spielte. Denn das gibt Publicity. „Nichts wirkt abschreckender.”
Freier sind Gelegenheitstäter
Um die Freier noch mehr abzuschrecken, überlegt man sich in Schweden weitere Massnahmen. Seit letztem Jahr dürfen die Kriminalbeamten DNA-Proben der gefassten Männer nehmen, um sie im Register der offenen Kriminalfälle zu überprüfen. Zu­dem wurde diskutiert, ob man nicht auch schwedische Staatsbürger belangen müsse, die im Ausland Sex kaufen. Vor allem, wenn sie „schwedische öffentliche Interessen” vertreten, wie es im Bericht der Justizkanzlerin heisst, also wenn sie für eine staatliche Firma arbeiten oder in der Politik sind. Das Verbot selbst soll nicht mehr schwedische Männer nach Tallinn oder Riga getrieben haben. Freier sind Gelegenheitstäter. Wer bisher Ferien in Thailand gemacht hat, wird es weiterhin tun.
Neu können die Prostituierten auch gegen ihre Kunden klagen und Schadenersatz verlangen, für „das Leid, zu dem die Freier beigetragen haben, und für die Verletzung der Gleichheit und Würde der Betroffenen”, erläutert der Politologe Max Waltman von der Universität Stockholm. So könnte die Prostituierte nicht nur Sozialleistungen beanspruchen, es falle ihr wo­möglich auch leichter, aus dem Sexgewerbe auszusteigen. Der 38-Jährige hat die schwedische Sicht jüngst in einer Gastkolumne in der „New York Times” vorgestellt: Man müsse die Möglichkeit, vor Gericht zu gehen, zur Pflicht erheben, denn selten klage eine ausgebeutete Person ihre Peiniger von sich aus an. „Das schwedische Gesetz ist gut, aber es könnte besser sein”, sagt er und beisst in der Unikantine in ein Riesensandwich. „Man betrachtet die Prostituierte noch zu wenig als Opfer eines Verbrechens. Immerhin ist es das einzige Gesetz der Welt, das die Prostitution reduziert hat.”
Max Waltman gehört zu einer Generation von Männern, die sich auch in anderen Ländern zu Wort melden. Nicht das Ende des Mannes ist also nah, sondern das jenes Mannes, der meint, sich über eine Frau erheben zu müssen. „Zéromacho” heisst ein internationales Netzwerk von Prostitutionsgegnern, in ihrem Manifest halten die Männer fest: „Für uns ist Sexualität vor allem eine menschliche Beziehung, die mit Gleichheit und Respekt des anderen, seiner Freiheit und seinem Verlangen einhergeht.” Sie schreiben offene Briefe an die Abgeordneten der französischen Nationalversammlung. Sie unterstützen die Kampagne „Für ein Europa frei von Prostitution”, die der Dachverband der Europäischen Frauenorganisationen „European Women’s Lobby” lanciert hat.
Man kann all diese Bemühungen belächeln. Man kann aber auch über die Worte von Kajsa Wahlberg nachdenken, der Polizeiinspektorin in Stockholm mit Schwerpunkt Menschenhandel: „Das nennt ihr modern? Frauen hinter Schaufenstern auszustellen oder sie in Verrichtungsboxen zu stecken? Das ist doch Mittelalter. Demütigend und erniedrigend. Und es hat nichts mit Gleichheit zwischen Frauen und Männern zu tun.”
Es passiert etwas in Europa. Die Schweiz wählt einen anderen Weg.
Bin gespannt auf eure Diskussionsbeiträge !
Don Phallo
























